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Kongress für Klinische Neurowissenschaften: DGKN verleiht Nachwuchspreise für herausragende Arbeiten zu Neurophysiologie und Neurosonologie

Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) e. V. hat auf ihrem Kongress für Klinische Neurowissenschaften 2023 in Hamburg drei herausragende NachwuchsforscherInnen ausgezeichnet. Sie teilen sich den mit insgesamt 4.500 Euro dotierten Nachwuchsförderpreis Klinische Neurophysiologie. Themen sind die nicht invasive elektrische Hirnstimulation beim essenziellen Tremor, die Tiefe Hirnstimulation bei idiopathischem Parkinson-Syndrom sowie vorher nicht bekannte Nervenzellen des Schläfenlappens, die eine wichtige Rolle bei Orientierung und Gedächtnis spielen. Den mit 3.500 Euro dotierten Nachwuchsförderpreis Neurosonologie 2023 erhält eine Wissenschaftlerin, die Nerven- und Muskelultraschall-Untersuchungen bei Immun-Neuropathien erforscht. Zudem ernannte die DGKN den schwedischen Neurophysiologen Prof. Dr. Sten Grillner zum neuen Ehrenmitglied. Er gilt als einer der wichtigsten Experten weltweit für die Neurobiologie der Bewegung und leitet das Nobel-Institut für Neurophysiologie am Karolinska-Institut in Stockholm. Neues korrespondierendes Mitglied wurde Prof. Dr. Sabine Kastner von der Princeton University.

 Einsatz hochauflösender Ultraschalltechnik in der Neuropädiatrie

Bild: Prof. Dr. Christian Grefkes-Hermann überreicht die Nachwuchsförderpreise „Klinische Neurophysiologie“ und „Neurosonologie“ an die PreisträgerInnen: Dr. Dr. Lukas Kunz (o. l.), Dr. Roxanne Lofredi (o. r.), Dr. Dr. Sebastian Schreglmann (u. l.), Dr. Anna Fisse (u. r.) ©DGKN/Jan Wassmuth.
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Höchstes Niveau und drei gleichrangige Arbeiten – erstmals wurde der Nachwuchsförderpreis für Neurophysiologie geteilt: „Wir verzeichnen in diesem Jahr einen erfreulich hohen Zuspruch. Es wurden viele sehr gute Arbeiten eingereicht. Ich bin beeindruckt von der innovativen Forschung, die junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hier leisten“, erklärte Prof. Dr. Christian Grefkes-Hermann, Präsident der DGKN.

Neuer Zelltyp für die Raumkarte des Gehirns

Orientierungslosigkeit und Navigationsprobleme gehören zu den typischen Zeichen diverser neurodegenerativer Erkrankungen. Einer der drei Preisträger des Nachwuchsförderpreises Klinische Neurophysiologie, Dr. Dr. Lukas Kunz von der Universität Freiburg, der aktuell einen Forschungsaufenthalt an der Columbia University New York absolviert, hat nun in einer wegweisenden Studie einen bisher unbekannten Zelltyp im Schläfenlappen beschrieben, der vermutlich eine Schlüsselrolle bei Navigation und Gedächtnis spielt. Kunz konnte zeigen, dass diese von ihm als „egozentrierte Richtungszellen“ bezeichneten Zellen aktiver werden, wenn sich die PatientInnen erfolgreich an Orte in der räumlichen Umgebung erinnern. „Diese Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der neuronalen Grundlagen von räumlicher Navigation und räumlichem Gedächtnis beim Menschen“, so Prof. Dr. Grefkes-Hermann. „Damit lassen sich Erkenntnisse darüber gewinnen, welche Hirnmechanismen beeinträchtigt sind, wenn Erkrankungen wie die Alzheimer-Demenz zu Gedächtnisverlust und Desorientiertheit führen.“

Tiefe Hirnstimulation: kognitive und motorische Nebenwirkungen verhindern

Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist eine wirksame Therapie bei fortgeschrittenem idiopathischem Parkinson-Syndrom – doch sie kann kognitive und motorische Nebenwirkungen haben. Dr. Roxanne Lofredi von der Charité Berlin, Preisträgerin des Nachwuchsförderpreises Klinische Neurophysiologie, hat mit ihrer Arbeitsgruppe die Reaktionszeiten des Startens und Stoppens von Bewegung mit ein- und ausgeschalteter THS verglichen. Dabei zeigte sich, dass die THS einerseits mit beschleunigter Initiierung, zugleich aber auch mit einem verzögerten Stoppen von Bewegungen assoziiert war. „Diese Arbeit ist ermutigend, denn sie könnte das therapeutische Fenster für Stimulationseinstellungen bei PatientInnen mit Morbus Parkinson erheblich vergrößern“, so begründete Prof. Dr. Grefkes-Hermann die Entscheidung der Jury.

Effektive Form der Tremor-Suppression

Dr. Dr. Sebastian Schreglmann von der Universität Würzburg erhielt den Nachwuchsförderpreis Klinische Neurophysiologie für eine translationale Arbeit. Sie zeigt eine neuartige, effektive Form der Suppression des essenziellen Tremors mittels nicht invasiver elektrischer Hirnstimulation. Dieser Tremor ist eine der häufigsten Bewegungsstörungen des Menschen überhaupt und tritt unabhängig vom Parkinson-Syndrom auf. Schreglmann gelang es, ein innovatives Verfahren zur Phasenbestimmung in Echtzeit zu entwickeln und Methodik und Effekt der phasenspezifischen Stimulation des Zerebellums mittels Oberflächenelektroden zu etablieren. Die Studie wurde hochrangig in „Nature Communication“ publiziert, aktuell arbeitet Sebastian Schreglmann in der Klinik und Poliklinik Neurologie der Universität Würzburg daran, die Pilotdaten umzusetzen. Die Jury begründet die Auszeichnung mit dem innovativen Ansatz und einem hohen Nutzen für die Therapie: „Die Einbindung von Echtzeit-Analysen krankhafter Netzwerkmuster in Stimulationsprotokolle ist hoch innovativ und ein vielversprechender Schritt in Richtung einer personalisierten Therapie von Bewegungsstörungen“, sagte Prof. Grefkes-Hermann.

Innovative Ultraschall-Diagnostik bei Immun-Neuropathien

Mit dem Nachwuchsförderpreis Neurosonologie wurde PD Dr. Anna Fisse von der Klinik für Neurologie an der Ruhr-Universität Bochum – St. Josefs-Hospital ausgezeichnet. Sie erforscht autoimmun-entzündliche Neuropathien, eine immunologisch bedingte Erkrankung des peripheren Nervensystems, und arbeitet an einer Verbesserung der Patientenversorgung durch hochauflösenden neuromuskulären Ultraschall. Zusammen mit ihrer Arbeitsgruppe konnte sie zeigen, dass sich mittels neuromuskulären Ultraschalls autoimmun-entzündliche Neuropathien mit axonaler Schädigung von nicht entzündlichen Neuropathien differenzieren lassen. Außerdem konnte Dr. Fisse bei der seltenen chronisch inflammatorisch demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) die Variabilität der Nervenquerschnittsfläche als Verlaufsmarker bestätigen, die Nerven-Echogenität als prognostischen Marker sowie die Muskel-Echogenität im Ultraschall als Maß des axonalen Schadens. Das renommierte „European Journal of Neurology“ publizierte die Studie in drei Teilen. „Frau Dr. Fisse hat in den letzten Jahren den Schwerpunkt Nervensonographie in Deutschland maßgeblich geprägt und die Diagnostik enorm vorangebracht“, so die Begründung von Prof. Dr. Alexander Grimm, Jury-Mitglied und Mitglied der DGKN-Kommission Ultraschall.

Neues Ehrenmitglied: Prof. Dr. Sten Grillner, Nobel-Institut Stockholm

Prof. Dr. Sten Grillner, Professor am Nobel-Institut für Neurophysiologie des Karolinska-Instituts in Stockholm, wurde zum Ehrenmitglied der DGKN ernannt. Seit Jahrzehnten erforscht der weltweit führende Experte die außergewöhnliche Fähigkeit des Gehirns, Bewegungen zu steuern. Insbesondere konnte er zeigen, wie neuronale Schaltkreise in der Wirbelsäule helfen, rhythmische Bewegungen zu koordinieren, wie sie beim Gehen benötigt werden. Grillner studierte an der medizinischen Fakultät in Göteborg, seit 1987 ist er Professor und Direktor des Nobel-Instituts für Neurophysiologie am Karolinska-Institut für die Neurobiologie der Bewegung.

Neues korrespondierendes Mitglied: Prof. Dr. Sabine Kastner, University of Princeton

Die renommierte Professorin für Psychologie am Neuroscience Institute der Princeton University wurde als internationale Kollegin korrespondierendes Mitglied der DGKN. Die Neurowissenschaftlerin leistete Pionierarbeit am National Institute of Mental Health bei der Übertragung mechanistischer Prinzipien aus der Primatenphysiologie in funktionelle Bildgebungsstudien des Gehirns beim Menschen. Sie kombiniert in ihren direkten Vergleichsstudien des Gehirns von Menschen und Primaten funktionelle Bildgebung mit intrakraniellem EEG. Im Fokus steht dabei ein besseres Verständnis der Interaktion großer Netzwerke während verschiedener Kognitionsprozesse. Unter anderem konnte Kastner so zeigen, dass Aufmerksamkeit einem schnellen rhythmischen Prozess zwischen Konzentration und Ablenkung unterliegt. Ihre Erkenntnisse sind von hoher Relevanz und werfen unter anderem einen neuen Blick auf Aufmerksamkeitsdefizite im Kindesalter.

 
Kontakt zur Pressestelle der DGKN

Sandra Wilcken, c/o albertZWEI media GmbH, Tel.: +49 (0) 89 461486-11, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

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Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) e.V. vertritt die Interessen von MedizinerInnen und WissenschaftlerInnen, die auf dem Gebiet der klinischen und experimentellen Neurophysiologie tätig sind. Die wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft mit über 4.000 Mitgliedern fördert die Erforschung von Gehirn und Nerven, sichert die Qualität von Diagnostik und Therapie neurologischer Krankheiten und treibt Innovationen auf diesem Gebiet voran. Sie ist aus der 1950 gegründeten „Deutschen EEG-Gesellschaft“ hervorgegangen. www.dgkn.de