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Gegen Lähmungen und Sprachstörungen: Ein Helm soll Folgen des Schlaganfalls lindern

Lähmungen, Sprach- und Sehstörungen – ein Schlaganfall kann gravierende Auswirkungen haben. Diese Folgen zu lindern, ist ein zentrales Anliegen in der Schlaganfalltherapie. „ConnectToBrain“ heißt das Projekt, an dem Tübinger Mediziner derzeit mit Kollegen aus Finnland und Italien arbeiten – und der Name ist Programm: In einen Helm integrierte Magnetspulen sollen durch die intakte Schädeldecke hindurch die Aktivität der Großhirnrinde beeinflussen und so dabei helfen, die Folgen eines Schlaganfalls zu lindern. Seit September 2019 wird das Forschungsvorhaben vom Europäischen Forschungsrat mit insgesamt zehn Millionen Euro für sechs Jahre gefördert.

Das Gehirn arbeitet im Wesentlichen elektrisch; seine Aktivität lässt sich daher über elektrische oder magnetische Impulse beeinflussen. Dass dies sogar durch die geschlossene Schädeldecke hindurch funktioniert, macht sich die so genannte transkranielle Magnetstimulation (TMS) zunutze: Eine auf der Kopfhaut liegende Magnetspule regt durch das Schädeldach hindurch die darunterliegenden Bereiche der Großhirnrinde an und verändert deren Aktivität. „Dieses Prinzip wird bislang hauptsächlich zu Forschungs- und Diagnosezwecken eingesetzt“, sagt Professor. Dr. med. Ulf Ziemann, Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie und Ko-Direktor am Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung der Universität Tübingen. Dabei werde in der Regel das Magnetfeld einer einzigen Spule auf einen bestimmten Ort der Großhirnrinde gerichtet, um dessen Funktion zu analysieren. Sein Team möchte die TMS nun gemeinsam mit den europäischen Partnern ausbauen, verfeinern und für die Schlaganfallbehandlung nutzbar machen.

Von einem Schlaganfall behalten die Betroffenen in vielen Fällen Lähmungen, Sprachstörungen oder andere Einschränkungen zurück – je nachdem in welchem Bereich das Gehirn geschädigt wurde. „Diese Ausfälle lassen sich als Netzwerkerkrankung verstehen, die sich nicht nur am Ort der Schädigung bemerkbar macht, sondern in allen Gehirnregionen, die damit in Verbindung stehen“, sagt Ziemann. Daraus ergebe sich die Herausforderung, teilweise weit voneinander entfernte Gehirnbereiche in eine mögliche Stimulationstherapie einzubeziehen, um so ihre Verbindungen zu beeinflussen und Reorganisationsprozesse zu unterstützen. Der im Rahmen von „ConnectToBrain“ entwickelte Helm soll daher bis zu 50 Spulen enthalten, deren überlappende Felder die gesamte Großhirnrinde abdecken. „Damit kann gezielt, schmerzfrei und nicht-invasiv jeder Ort der Großhirnrinde stimuliert werden“, so Ziemann.

Eine weitere Besonderheit von „ConnectToBrain“ ist der so genannte Closed-Loop-Ansatz: Die Stimulation findet nicht nach einem festgelegten Protokoll statt, sondern berücksichtigt die aktuelle neuronale Aktivität. „In Studien konnten wir zeigen, dass der therapeutische Effekt der Stimulation größer ist, wenn eine Netzwerkverbindung ohnehin schon aktiv ist“, erläutert Ziemann. Auch andere Hirnnetzwerkerkrankungen wie Alzheimer oder Depressionen könnten sich über den neu entwickelten Helm positiv beeinflussen lassen.

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