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Wer im Kindesalter traumatische Erfahrungen macht, ist als Erwachsener anfälliger für psychische Krankheiten, aber auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gastrointestinale Störungen, Diabetes und Krebs. Frühe Stresssituationen können Effekte auf das Gehirn, den Stoffwechsel und das Immunsystem haben, die diese Erkrankungen begünstigen. Auf der heutigen Jahres-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) gibt Professor Dr. rer. nat. Christine Heim, Direktorin des Instituts für Medizinische Psychologie an der Charité in Berlin, Einblicke in die Auswirkungen kindlicher Traumatisierung und liefert damit neue Ansatzpunkte für gezielte Interventionen.

Wer im Kindesalter traumatische Erfahrungen macht, ist als Erwachsener anfälliger für psychische Krankheiten, aber auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gastrointestinale Störungen, Diabetes und Krebs. Frühe Stresssituationen können Effekte auf das Gehirn, den Stoffwechsel und das Immunsystem haben, die diese Erkrankungen begünstigen. Auf der heutigen Jahres-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) gibt Professor Dr. rer. nat. Christine Heim, Direktorin des Instituts für Medizinische Psychologie an der Charité in Berlin, Einblicke in die Auswirkungen kindlicher Traumatisierung und liefert damit neue Ansatzpunkte für gezielte Interventionen.

In einer deutschlandweiten Umfrage gaben 27,7 Prozent der befragten Erwachsenen an, mindestens eine Form der Misshandlung in ihrer Kindheit erfahren zu haben. „Zahlreiche Studien belegen, dass belastende Erfahrungen im Kindesalter das Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen im Erwachsenenalter erhöhen“, so Professor Dr. med. Agnes Flöel, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Greifswald und Präsidentin der DGKN. „Die Frage ist, wie die frühen Belastun-gen strukturelle und funktionelle Veränderungen in Gehirn und Körper hervorrufen und was wir dagegen tun können.“

Wie traumatisierende Erlebnisse in der Kindheit die Gehirnentwicklung verändern, zeigt Professor Christine Heim an der Charité Berlin zusammen mit ihrer Arbeitsgruppe mittels Bildgebung: „Gerade die Gehirnareale, die für die Stressregulation zuständig sind, sind bei den Probanden verkleinert.“ Weitere Untersuchungen zeigen außerdem, dass Erwachsene, die von belastenden Erfahrungen wie körperlichen oder psychischen Misshandlungen in der Kindheit berichten, chronisch erhöhte Entzündungswerte aufweisen. „Das Immunsystem ist quasi dauerhaft im Einsatz und damit schreitet auch die Zellalterung schneller voran“, erklärt Heim.

Psychische und körperliche Erkrankungen im Erwachsenenalter werden häufig durch akute oder chronische Belastungen ausgelöst – bei Erwachsenen, die in der Kindheit traumatische Erfahrungen gemacht haben, scheint die Stresstoleranz herabgesetzt. „Diese Menschen reagieren sensibler auf Stress, weil ihr Stressreaktionssystem möglicherweise sensibilisiert ist“, so Heim.

Selbst Stresssituationen in der Schwangerschaft wirken sich langfristig negativ auf die Entwicklung des Kindes aus: War die Mutter während der Schwangerschaft großen Belastungen ausgesetzt, können Kinder Beeinträchtigungen in metabolischen, endokrinen, immunologischen und kognitiven Funktionen und Abweichungen in der Gehirnentwicklung zeigen. Neben der pränatalen Entwicklung gelten gerade die ersten Jahre im Leben eines Kindes als besonders sensibles Fenster für die langfristigen Folgen äußerer Einflüsse.

Der Grundstein für Gesundheit versus Krankheit wird also bereits sehr früh im Leben gelegt: Traumatische Erfahrungen im Kindesalter hinterlassen neurobiologische Spuren, die die Betroffenen ihr ganzes Leben lang anfällig für Erkrankungen machen können. Dieser Effekt kann sogar an die nächste Generation weitergegeben werden.

„Durch neue Diagnostik- und Therapieansätze kann dieser Kreislauf durchbrochen werden“, ist Professor Heim überzeugt. Betroffene mit einem erhöhten Krankheitsrisiko müssen früh erkannt und individuell behandelt werden. Durch die Entschlüsselung der neurobiologischen Prozesse können Medikamente entwickelt werden, die – kombiniert mit Psychotherapie – gezielt ansetzen. Auch Hirnstimulation könnte gegebenenfalls zukünftig eingesetzt werden, um die schädlichen Veränderungen in den betroffenen Hirnstrukturen umzukehren. „Prävention und Intervention müssen frühestmöglich greifen, um die lebenslangen Auswirkungen für die Betroffenen minimieren zu können“, resümiert Professor Heim.